Schiedsrichter

Jedes Unihockeyspiel braucht sie: die Schiedsrichter. Ohne sie kommen die wenigsten Sportarten aus und dennoch stehen die Offiziellen selten im Fokus (oder sollten es zumindest nicht). In diesem Bericht möchte ich euch die Tätigkeit und den Alltag eines Schiedsrichter(-paars) näher vorstellen und beleuchten was hinter den Kulissen, welche die Zuschauer wahrnehmen, passiert.

Ich selber pfeife seit rund sechs Jahren und das Ganze begann eigentlich eher zufällig. Praktisch nach jeder Saison werden neue Funktionäre, Helfer oder auch Schiedsrichter gesucht und vom Verein angefragt. Jeder Unihockeyverein muss anhand der Anzahl gemeldeten Teams ein gewisses Kontingent an Schiedsrichter stellen. In meinem Fall bekam ich von Chrigi Maurer eine Nachricht, ob ich nicht Lust hätte als Unparteiischer Spiele zu leiten, denn mein damaliger U21-Coach bräuchte noch einen Schiri-Partner für die kommende Saison. Da ich bis dahin nicht wusste, welche Vor- und Nachteile ein solches Engagement hat, fragte ich nach und entschloss mich kurzum eine Saison als Schiri zu versuchen.

Richtig begonnen hat das ganze Schiri-Abenteuer allerdings erst im Sommer. Wie jeder Neuschiedsrichter musste auch ich mich einem zweitägigen Einsteigerkurs stellen. Zu meinem Glück konnte ich den Kurs in Zürich absolvieren. Es erwartete mich eine gewaltige Menge Theorie, Gruppenarbeiten und wie vielerorts bekannt ein Abschlusstest, auf den man sich via Swiss-Unihockey Homepage vorbereiten kann und welcher aus 30 Fragen besteht. Für Einsteiger jedoch ist das Fragesortiment stark eingeschränkt und erst in den folgenden Jahren musste ich alle 230 Fragen beherrschen, wobei auch hier 20 von 30 Fragen richtig beantwortet werden müssen. Ist der Test erfolgreich bestanden, erhält man offiziell die Lizenz zum Pfeifen.

Als Neuschiedsrichter erhält man die Qualifikationsstufe G5 (für Grossfeldschiris) und somit die tiefste Stufe. Das heisst in unserer ersten Saison wurden vornehmlich Damen 2. Liga, Herren 3. Liga und Junioren U18 C gepfiffen. Mein Schriripartner und ich bereiteten uns im Sommer mit Testspielen auf unsere erste gemeinsame Saison vor. Bereits dort zeigte sich, dass es gar nicht so einfach ist, die Perspektive vom Spieler zum Schiedsrichter zu wechseln. Man geht auf das Spielfeld um ein Spiel zu leiten und nicht um es zu gewinnen. Man versucht nicht jeden Ball im Tor zu versenken sondern vielmehr das Spielgeschehen unter Kontrolle zu halten. Das ganze Spiel muss jederzeit im Blick gehalten werden, jede Kleinigkeit bemerkt werden, mit den Spielern kommunizieren, auf die Körpersprache achten und die korrekte Regelauslegung im Kopf haben. Alles in allem ein Fulltime-Job. Das all diese Dinge und noch viel mehr in der ersten Saison als Schiedsrichter schwierig zu meistern sind, ist eigentlich logisch. In den tiefsten Grossfeldligen werden häufig Neuschiedsrichter eingesetzt, welche meistens noch im Juniorenalter sind und dementsprechend leitet man zu Beginn meistens Spiele, bei denen man der jüngste Mann (oder Frau) auf dem Feld ist und sich gegen zwei Mannschaften behaupten und rechtfertigen muss. Die erste Saison ohne Erfahrung und mit einem zweitägigen Vorbereitungskurs ist somit meistens eine Herausforderung. In jedem Spiel kann es unglaublich schnell passieren, dass man den Moment verpasst um die erste Strafe auszusprechen, einen Stockschlag nicht ahndet oder die Stimmung der Teams zu kippen droht. Ist die erste Schirisaison vorbei, kann man erst einmal aufatmen, bei mir war es jedenfalls so.

Auf den tiefsten Qualifikationsstufen G5/G4 erwartet einem pro Saisonhälfte 4-5 Einsätze, meistens Spiele im Turniermodus, was bedeutet, dass man mehrere Spiele pro Tag leitet. Zusätzlich zu den eigenen Spielen ist dies immer auch mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden, welcher eine gute Koordination benötigt. So hat man die Möglichkeit, diejenigen Daten zu streichen, an denen man nicht verfügbar ist und der Einsatzplan wird daraufhin ausgegeben. Jedoch ist es nicht immer ganz einfach auch alle Daten zu streichen an denen man selber als Spieler im Einsatz steht. Ab Qualifikationsstufe G3 können die Daten flexibler eingeteilt werden. Nach ein bis zwei Saisons erhält ein Schiedsrichterpaar die G4-Qualifikation, wo bereits auch Einzelspiele gepfiffen werden können. Um die G3-Stufe oder höher zu erlangen, müssen die Anforderungen des Verbandes erfüllt oder ein Gesuch eingereicht werden.

Die Vorbereitung auf ein Spiel sieht bei jedem Schiedsrichter ein wenig anders aus. Grundsätzlich läuft es aber ähnlich ab. Der Einsatzort so wie Datum, Spielstufe und Spielzeit werden ca. zwei Wochen im Voraus per Mail versandt. Die Spiele auf den unteren Stufen sind meistens Sonntags, seltener aber auch Samstags. Die Anreise erfolgt auf eigenem Weg und am Einsatzort dürfen jeweils die Kosten für ein ÖV-Billett 2. Klasse verrechnet werden. Pro Spiel erhält der Schiri auch eine Entschädigung sowie Verpflegungsgeld. Bei Einzelspielen ist es dringend erforderlich, dass die Schiedsrichter eine Stunde vor Spielbeginn vor Ort sind um mit den beiden Teams ein Meeting durchzuführen und die Trikotfarben, das Einlaufen, die Siegerehrung und etc. besprechen. Bei Spielen im Turniermodus ist dies nicht erforderlich, jedoch ist ein zu frühes Erscheinen immer wünschenswert, da auch ich bereits für verspätete oder nicht erschienene Schiris einspringen musste. Anschliessend wird das Matchblatt kontrolliert, Spieler und Lizenznummern durchgegangen und die letzten Absprachen vor dem Spiel vorgenommen. Auch die Kontrolle der Spielfelder, Markierungen und Tore fällt in den Aufgabenbereich eines Unparteiischen. Hat man alles kontrolliert und ist man warm gelaufen geht es aufs Spielfeld um den Anpfiff vorzunehmen. Auf dem Spielfeld ist man als Schiri mit ziemlich wenigen Utensilien ausgestattet. So ist die Pfeife, eine rote Karte, Stift und Papier das einzige was einem zur Verfügung steht um ein Spiel korrekt zu leiten. Dank einem Headset ist es möglich mit seinem Partner zu kommunizieren ohne stetig Blickkontakt zu halten oder auf dem Feld herumzufuchteln.

Während eines Spiels gibt es immer wieder unterschiedliche Situationen, welche einen Schiedsrichter erwarten. Dies können einfache Dinge wie Anspiele, Tore oder Strafen sein, aber auch falsche Entscheidungen, Widdersprüche oder Diskussionen. Je länger man dieses Amt ausübt, desto mehr wird einem bewusst, wie unterschiedlich der Charakter eines Spiels ist, genauso unterschiedlich wie die verschiedenen Spielertypen auf dem Feld. Mit der Zeit lernt man besonders auf kleine Dinge während eines Spieles zu achten, welche meistens darüber entscheiden, wie gut die eigene Leistung von den Teams wahrgenommen wird. Als Schiedsrichter ist es das Ziel ein Spiel sauber zu leiten und eine faire Spielweise zu ermöglichen. Gelingt einem dies, ist man meistens zufrieden und dies wiederspiegelt sich auch auf dem Spielfeld und in den Gesichtern der Spieler. Die grösste Leistung eines Schiris ist es wenn man so wenig wie möglich auffällt. Als Spieler ist es ein Vorteil zu sehen, dass die Arbeit eines Unparteiischen keineswegs so einfach ist, wie sie häufig scheint.

Nach sechs Jahren als Schiedsrichter habe ich ganz verschiedene Erfahrungen gesammelt. Man wächst mit jedem Spiel, das Verständnis wird grösser und der etwas andere Blick auf ein Unihockeyspiel. Die Sicht des Unparteiischen hilft einem auch bei der eigenen Spielgestaltung weiter. Doch am wichtigsten ist es, dass man dem Verein und dem Unihockeysport etwas zurückgeben kann. Keine zusätzlich anfallenden Helfereinsätze und kein Mitgliederbeitrag zeigen wie hoch die Wertschätzung von Seiten des Vereins ist. Neben all diesen kleinen Vorteilen ist es jedoch die Aufgabe selbst, die einem bereichert. So lernte ich viele Teams und Hallen kennen, sah wie andere Vereine organsiert sind und man lernt als Schiedsrichter mit Widerstand umzugehen, eine Entscheidung zu fällen und faire Spiele zu gestalten. Meistens ist der Schirijob kein einfacher und trotzdem ist er erforderlich damit ein Unihockeyspiel überhaupt angepfiffen werden kann.

Von Kai Curty

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